Vom Wert des Weinens
In meinem heutigen Blogpost und Video rede ich von persönlichen Erfahrungen mit dem Weinen und davon, welches Potential für Heilung in der Fähigkeit weinen zu können liegt.
Weinen in der Gesellschaft
Wann hast Du Dich das letzte mal dafür entschuldigt, dass Du weinen musstest? Und sei es nur, weil Du aus Rührung feuchte Augen bekommen hattest?
Selbst mir, die eine Befürworterin des Weinens ist, passiert es immer wieder: Sobald auch nur eine Person in dem Moment in meiner Nähe ist, in dem ich gerührt bin oder sogar richtig weinen muss, entschuldige ich mich dafür.
Aber wofür eigentlich?
Dafür, dass ich..
…von meinen Gefühlen überwältigt werde?
…mich vermeintlich nicht im Griff habe?
…meinem Gegenüber zu viel von mir zumute?
…mein Gegenüber in eine unangenehme Situation bringe?
…meine Lebendigkeit zeige?
…ein Herz habe?
…Mensch bin?
Wenn eine Gesellschaft dadurch geprägt ist, dass sie den Verstand über das Gefühl setzt und der ungehemmte Ausdruck jeglicher Emotionen dem Theater, Kino, TV oder dem Fußballstadion vorbehalten ist, dann ist es kein Wunder, wenn wir uns für unsere offen gezeigten Emotionen entschuldigen wollen.
Selbst bei Trauerfeiern, Beerdigungen oder Hochzeiten, kann es passieren, dass man es als “korrekt” ansieht, keine Träne zu zeigen. Oder man hat Verständnis, aber man verwechselt Weinen mit Schwäche.
So ging es mir auf der Trauerfeier meiner geliebten Großmutter - sie verstarb als ich in meinen dreißigern war. Ich weinte meinen Schmerz über den Verlust dieses so geliebten Menschen laut heraus. Meine Mutter macht sich daraufhin Sorgen, man könne mich nicht alleine nach Hause fahren lassen. Ich hingegen verstand den Zusammenhang nicht. Ich empfand mich weder als schwach noch als gefährdet. Ich war tief traurig. Und diesem Gefühl gab ich seinen entsprechenden Ausdruck.
Was auch immer dazu geführt hat, Weinen möglichst aus unserem Leben fernzuhalten, im Folgenden geht es nicht um Status, Stärke, Fassung wahren, sondern um Gesundheit, Heilung und Glück.
STIMME UND WEINEN GEHÖREN ZUSAMMEN
Warum sonst sagt man auch “heulen” zum “weinen”!? Kürzlich las ich von Klageweibern:”Ihre Anwesenheit und ihr Gesang ermöglichen es den Familienmitgliedern der Verstorbenen, ihren Emotionen freien Lauf zu lassen und ihre Trauer zu zeigen, anstatt sie in sich zu behalten. "Es heißt, diese Idee der Reinigung, der Katharsis in der griechischen Kultur kommt aus diesem Ritual", ergänzt die Fotografin [Ionna Sakellaraki].” (aus dem Artikel: Professionelles Trauern - ein altes Ritual in Griechenland. www.dw.com)
Mir ging es erst kürzlich so, dass ich in ein klagendes und heulendes Weinen kam. Ein für mich persönlich sehr schmerzhaftes Thema schwang an als ich im Auto saß und nach Hause fuhr. Für einen Moment dachte ich, ich könnte das Weinen zurückhalten, aber der körperliche Schmerz, die Tränen am Fließen zu hindern, war unerträglich. Als ich die Undurchführbarkeit meines Vorhabens realisierte, ließ ich das Weinen zu. Es begann mit einem Beben im Brustraum, dann das Fließen der Tränen und schließlich brach sich ein stimmvolles Weinen los.
Der große Schmerz - ein Gemisch aus Traurigkeit und Verzweiflung - entlud sich schließlich in einen andaurenden, hohen, heulenden Ton. Und ich erlaubte mir so heftig zu weinen, weil ich wusste, dass es nicht gut für mich ist, diesen Schmerz in mir zu behalten.
DIE MACHT DER TRÄNEN
“Das Eis eingefrorener Emotionen schmelzen”
Dieses Bild verwendete Dr. Karl Adamek (Singforscher und Gründer des “Lauschenden und Heilsamen Singens”) immer wieder in den Seminaren des Heilsamen Singens, wo sich Menschen trafen, um im großen Kreis gemeinsam singend zu heilen. Zu heilen von all dem, woran jeder einzelne in seinem Leben leidet: Einsamkeit, Trennung, Schicksal, Verlust, mangelnde Lebensfreude, mangelndem Lebensmut, einer traumatischen Vergangenheit, usw..
All das, womit wir uns nicht auseinandersetzen wollten oder konnten, verdrängen wir. Oder: Wir frieren unseren Schmerz, Traurigkeit oder Wut ein, um weiterleben zu können. Doch das Verdrängen oder Einfrieren kommt mit einem Preis. Wir verlieren einen Teil unserer Identität, unserer Lebendigkeit und Lebenskraft.
Beim Heilsamen Singen habe es ich so oft erlebt: Man setzt sich in den Kreis und die Kursleiter stimmen ein Lied an, dass die Qualität besitzt, bestimmte, zentrale Lebensthemen im Singen wirken zu lassen. Dadurch, dass man es gemeinsam über einen langen Zeitraum wiederholt singt, beginnt unser Unterbewusstsein zu reagieren. Es öffnen sich lange verschlossene Türen, weil der Raum geschaffen ist, in sicherer, vertrauensvoller Umgebung das zu entlassen, was dahinter verborgen wurde. Das gemeinsame Singen erzeugt eine soziale Wärme und Tränen fließen wie Schmelzwasser und erlösen das verdrängte Leid.
EIN LEITFADEN FÜR KONSTRUKTIVES WEINEN
Im Folgenden liste ich die Gründe auf, warum wir das Weinen willkommen heißen sollten.
WENN DU WEINST, DANN..
bist Du in Kontakt mit Dir
weine zu Ende und denke, spüre anschließend nach, was Dich weinen ließ.
entlässt Du etwas, was nicht mehr zu Dir in Dein Leben gehört
befreist Du Dich von Leid und schaffst Platz für etwas Neues
NIMM DIR FOLGENDES ZU HERZEN
Du kannst den Schmerz nicht wegrationalisieren, wegreden oder wegschweigen. Genauso wenig gelingt es, das Fühlen des Schmerzes zu vermeiden, in dem man gleich in die Version seiner selbst und seines Lebens zu springen versucht, die man sich wünscht.
Schau Dir das Video an und teile mit mir anschließend Deine Erfahrungen mit dem Weinen.
Zum Schluss meines heutige Blogposts möchte ich gerne von Dir wissen:
Was ist Deine Erfahrung und Einstellung zum Weinen?
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Alles Liebe, Julia🌈