Mein erster Deutschkurs für geflüchtete Frauen
Ein unerwartetes Angebot
Seit zwei Wochen mache ich einen Job, von dem ich nie geglaubt hätte, dass ich ihn mache. Ich wurde gefragt, ob ich mit meinen musikalischen Fähigkeiten bei einem Deutschkurs für geflüchtete Frauen mitarbeiten will. Dieser Deutschkurs ist ein Gemeinschaftsprojekt der katholischen Familienbildungsstätte und der Musikschule Hildesheim und läuft von Mai bis Dezember 2019.
Ermutigung durch meine Schwiegermutter
Der einzige Mensch, von dem ich bisher wusste, das er mit Flüchtlingen gearbeitet hat, war meine Schwiegermutter. Als Professorin für Physik gab sie auf freiwilligen Basis Physikunterricht in einem Flüchtlingsheim im Raum Karlsruhe. Sie erzählte mir von ihren eindrücklichen und menschlich tiefen Erfahrungen mit geflüchteten Kindern und deren Eltern.
Als sie von mir hörte, dass ich überlege, ob ich das Angebot annehme, sagte Sie, es würde mir Spass machen. Hätte ich ihre Erzählungen nicht im Kopf als im April der Anruf mit der Frage an mich kam, hätte ich wahrscheinlich gleich nein gesagt; zu fremd, zu weit weg von mir und meinem Alltag, zu beängstigend. Naiv oder?
Erkenntnis Nr.1
Doch ich überlegte es mir und bat darum, die Hauptdozentin kennenzulernen. Meinem Wunsch entsprechend sass ich eine Woche später in einem laufenden Deutschkurs mit 5 Frauen aus Syrien, Irak und Bulgarien an einem Tisch. Ich erlebte, wie sie Deutsch sprechen, lesen und schreiben lernten; ohne, dass sie Deutsch wirklich gut verstehen konnten. Und eine weitere Erschwernis, die mir dort erst bewusst wurde: Ein Teil der Frauen hatte nie eine Schulbildung erhalten. Andere hingegen saßen dort mit Abitur oder gar einem Studium, abgeschlossen in ihrem Herkunftsland. Hut ab vor der Dozentin, diesen Spagat zu meistern.
Ich kann gar nicht sagen, warum. Aber ich hatte einen Kloß im Hals als ich dort saß. Die emotionale Wucht der Realität mit geflüchteten Frauen in Kontakt zu kommen, traf mich unerwartet.
Der Kontakt mit Realität macht Entscheidungen klarer
Als ich dann im Büro der Projektleitung zusammen mit der Hauptdozentin saß und gefragt wurde, wie ich mich denn nun entscheiden würde, konnte ich nicht zurück. Der menschliche Kontakt, wie ich es nennen würde, machte es mir unmöglich nein zu sagen. Ich sagte also zu.
Seit zwei Wochen bin ich dabei, mittels Klatschen, Rhythmik, Melodien, Liedern und was mir noch so einfällt, das Erlernte zu vertiefen und den Prozess des Deutschlernens zu beschleunigen.
Erkenntnis Nr. 2, 3, 4 und 5
Ich kann bereits alle Namen der ca. 20 Frauen, die im neuen Kurs mit Walburga, der Hauptdozentin, und mir sitzen. Nach der ersten Woche war mir klar: Humor ist eine Universalsprache, ebenso Körpersprache und Mimik. Meine ganze Arbeit mit dem Heilsamen Singen und der Stimme im Allgemeinen ist hier genauso angebracht wie sonstwo. Ich habe keine Scheu, mich zu zeigen und das ist gut. Das hilft, Barrieren abzubauen, wo man sich nicht durch Worte erklären kann. Und um mit Menschen in Kontakt zu kommen, die man nicht kennt, braucht es einen offenen Blick und keine Scheu in die Augen zu schauen und jemanden zu verstehen zu geben, ja, ich meine Dich, ich sehe Dich und ICH nehme Dich wahr; ohne Bewertung, ohne Meinung.
Es geht mir gut mit meiner Entscheidung und ich bin dankbar für die Möglichkeit, diese Arbeit zu tun und meine Fähigkeiten in den Dienst dieser fantastischen Frauen zu stellen. Was haben wir schon gelacht zusammen...ja, liebe Schwiegermama, Du hattest recht. Es macht mir Spass.... mehr als das.
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